symposium 2019: european fiscal policy

Am Nachmittag des Symposiums wurde ein wissenschaftlicher Schwerpunkt mit der Paneldiskussion „European Fiscal Policy“ gelegt. Hier begegneten sich die französische Volkswirtin Agnès Bénassy-Quéré, der deutsche Volkswirt ordoliberaler Schule Carl-Christian von Weizäcker und Michael Burda, deutsch-amerikanischerArbeitsökonom, unter der Moderation von Christian Castrop, Direktor des „Europas Zukunft“- Programms der Bertelsmannstiftung. Kernpunkt der Diskussion sollte das Spannungsfeld zwischen nationaler Eigenverantwortung und europäischer Solidarität und Risikoteilung sein.
Wie sinnvoll ist ein europäischen Währungsraum ohne eine gemeinsame europäische Fiskalpolitik? Was hat Europa aus der Schuldenkrise gelernt? Sind gemeinsame europäische Schulden ein solidarischer Weg oder ein Risiko für alle Beteiligten?
Mit solchen Fragen hatten die Organisatoren die Veranstaltung angekündigt und beworben. Ein erster Einstieg in die Diskussion erfolgte anhand einer kürzlichen Entwicklung in der Diskussion um europäische Finanzstabilität: eine Arbeitsgruppe von sieben deutschen und französischen Volkswirten, der unter anderem Bénassy-Quéré angehörte, veröffentlichte im vergangenen Jahr ein Arbeitspapier mit dem Titel „How to reconcile risk sharing and market discipline in the euro area“. Dieses enthält einen 12 Punkte Plan für mehr Finanzstabilität in Europa.
Benassy-Quere betonte vor allem die Forderung nach dem Verzicht auf jene finanzpolitische Disziplinarmaßnahmen und Regeln auf europäischer Ebene, die zu pro-zyklischer statt anti-zyklischer Fiskalpolitik führen. Hier zeigten sich erwartbare Uneinigkeiten zwischen der deutschen und französischen ökonomischen Tradition. Allerdings war man sich beispielsweise einig, dass der Vorschlag eines gemeinsamen europäischen Absicherungsfonds für Anstiege der Arbeitslosigkeit in eine Richtung gehe, die pro-zyklische Fiskalpolitik mit Eigenverantwortung der Länder verbinde. Verschiedene Meinungen gab es dazu, ob sich das Konzept aber auch wirklich in der vorgeschlagenen Ausprägung mit nur beschränkter gemeinsamer Haftung durchsetzen würde. Dennoch war man sich einig, dass es auch genug Handlungsbedarf gebe, den sowohl deutsche, als auch französische Ökonomen einstimmig anerkennen, und der nur von politischer Seite nicht problematisiert wird.
Von Weizäcker brachte einen Schwerpunkt seiner Forschung der letzten Jahre in die Debatte ein, die Rolle von Staatsverschuldung als Sparmöglichkeit für die Bürger des Staates.
Diese Sichtweise sei ein weiterer Grund, europäische Gemeinschaftsverschuldung, die für die jeweiligen Bürger kein durchschaubares Spar-Instrument sei, abzulehnen.
Michael Burda versuchte, noch einige andere Dimensionen einer europäischen Fiskalpolitik in die Debatte einzubringen. Auf den Vergleich zu der fiskalischen Integration der Bundesstaaten der USA angesprochen, betonte er die Relevanz von Bildung und Forschung. Auf seine Frage, warum es denn eigentlich kein „europäisches MIT“ gebe, wusste niemand im Raum eine Antwort und sein Vorschlag einer europäischen Bildungsinitiative wurde positiv aufgenommen.

In der, an die Diskussion anschließenden Fragenrunde, kam Bénassy-Quéré darauf zu sprechen, dass ja allein dieses Symposium in Deutschland mit mehreren französischen Gästen ein Schritt in die richtige Richtung sei. Die Frage an von Weizäcker, warum die deutsche Bankenlandschaft so viele Probleme habe, die sich in der derzeitigen Diskussion über die Commerzbank-Übernahme zeigen, antwortete er prägnant mit „Overbanking!“ und erklärte dem Publikum, dies sei der ökonomischen Slang für eine zu ausdifferenzierte, kleinteilige und überfüllte Bankenlandschaft. In der Antwort auf eine weitere Frage sprach er sich für mehr qualifizierte Einwanderung aus. Anschließend gab es eine kleine Diskussion mit dem Publikum darüber, dass es einen Trade-off zwischen hohen Arbeitsstandards und niedriger Arbeitslosigkeit gebe.
Diese Debatte, so waren sich die Podiumsgäste einig, kann nicht allein von Volkswirtschaftlern geführt werden. Sie sollte aber auf keinen Fall gar nicht geführt werden, auch wenn es vielleicht ein unangenehmer Gedanke ist, dass das Ziel des optimalen Niveaus der Arbeitsstandards mit dem Ziel der Vollbeschäftigung nicht vollständig kompatibel ist.
Auf die, an den Anfang der Diskussion erinnernde, Publikumsfrage, wie man die Politik denn dazu bringen könnte, ein Risikobewusstsein zu entwickeln für Umstände wie die Konzentration von Staatsanleihen bei inländischen Banken, die sogar kurzfristig politisch nützlich sein können, antwortete Bénassy-Quéré optimistisch: Sie erkenne durchaus ein Umdenken in der Politik und Wille zu Verbesserungen.

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