„WARUM TECHNOLOGISCHER FORTSCHRITT AUCH PERSÖNLICHER FORTSCHRITT SEIN SOLLTE“

Könnte Künstliche Intelligenz so schlau werden, dass sie den Menschen unterwirft? Nein, sagt Sarah Spiekermann-Hoff. Zum Auftakt des 18. Ökonomischen Symposiums „Algorithmen und der Mensch – Zwischen Utopie und gesellschaftlichen Risiko sprach die Professorin der Wirtschaftsuniversität Wien über Singularität, dunkle Science Fiction – und sie präsentierte einen Ansatz, der das Positive der Technologisierung betont.

Spiekermann-Hoff warnte davor, dass wir unsere Welt auf Basis von düstereren Zukunftsvisionen einzelner Autoren aufbauen. Serien wie Westworld, Humans oder Bücher wie die Foundation-Triologie von Isaac Asimov bezeichnete sie als „Dark Science Fiction.“ Kern dieser Werke: Eine den Menschen übertreffende künstliche Intelligenz übernimmt die Kontrolle, das Individuum wird marginalisiert. Technik dient nicht der Förderung der persönlichen Entwicklung von Menschen, sondern einem Ausbeutungszweck oder wird gar selbst zu einem Widersacher.

Deutliche Kritik übt Spiekermann-Hoff auch an den Botschaftern dieser Thesen, vor allem Nick Bostrom und Ray Kurzweil. Nick Bostrom, Philosoph an der Oxford University, warnt in seinem Buch Superintelligence vor den existenziellen Risiken künstlicher Intelligenz. Eine superintelligente künstliche Intelligenz könne, so Bostrom, das Ende der Zivilisation bzw. die Unterjochung der Menschheit bedeuten. Er plädiert für eine internationale Koordination und Kooperation der KI-Entwicklung. Als einer der bekanntesten Philosophen der Moderne hat Nick Bostrom einen erheblichen Einfluss auf die öffentliche Debatte zum Thema KI.

Ray Kurzweil ist einer der berühmtesten Persönlichkeiten des Transhumanismus. Er selbst hat diverse bahnbrechende Erfindungen im Bereich der Computerwissenschaften gemacht und wird vor allem im Silicon Valley als Bestseller-Autor diverser Bücher zum Thema KI gefeiert. Eine seiner bekanntesten Vorhersagen ist, dass schon ab dem Jahr 2029 ewiges Leben möglich sein wird. Die Singularität, also den Zeitpunkt an dem Maschinen intelligenter sein werden als Menschen, sagt er für das Jahr 2045 voraus. Spiekermann-Hoff äußert im Rahmen ihres Eröffnungsvortrags starke Zweifel an der Wissenschaftlichkeit der Aussagen von Bostrom und Kurzweil.

Als Gegenentwurf zu Dark Science Fiction stellt sie den Begriff der Ethischen Technologie vor, bei welcher die technologischen Möglichkeiten der Gegenwart und Zukunft in den Dienst der charakterlichen Entwicklung des Menschen gesetzt werden. In ihrem Vortrag bezieht sie sich auf die Fortschrittsdefinition der Antike und des frühen Mittelalters: Bis ins 14. Jahrhundert hinein sei Fortschritt als persönlicher Fortschritt betrachtet worden, währenddessen sich der Fokus im weiteren Verlauf der Geschichte auf den technologischen Fortschritt verschoben habe. Spiekermann-Hoff setzt sich für eine Rückbesinnung auf die antiken Werte persönlicher Entwicklung ein. Das antike Ideal taucht auch in ihrem Konzept des Value-Based Design wieder auf.

Beim Value-Based Design geht es darum, sich vor der Entwicklung einer Technologie Gedanken darüber zu machen, welche Werte dieser Technologie zugrunde liegen sollen. Sarah Spiekermann-Hoff geht dabei auf die Unterschiede zwischen grundlegenden ethischen Denkströmungen wie Konsequentialismus und Tugendethik ein. Sie erklärt anhand des Beispiels der Fahrer-App eines Lieferdienstes wie foodora, welche Konsequenzen die Miteinbeziehung ethischer Aspekte auf das Design einer Technologie haben können. Es läge an uns Menschen, Technik so zu gestalten, dass sie für den einzelnen Menschen nutzbringend ist. Im Fall von foodora könne eine App beispielsweise zu der Bildung von Gemeinschaften unter den Fahrern oder zu der Gesundheit der Kunden beitragen und nicht ausschließlich einem kommerziellen Optimierungszwang zugrunde gelegt sein.



 
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Sarah Spiekermann-Hoff leitet das Institut für Management Information Systems an der Wirtschaftsuniversität Wien. Davor hat sie unter anderem als Assistant Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin gelehrt. Sie war darüber hinaus im Jahr 2000 Gründungsmitglied vom Humboldt-Forum Wirtschaft e. V.

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